Harriet von Natzmer- Desinformation und Schule

Desinformation und Schule – Gefahren für unseren Bildungsauftrag

Die engagierte Lehrerin Harriet von Natzmer beobachtet, dass es manchen Akteuren im Bildungssektor schwer fällt, zu politischen Themen wie dem russischen Angriffskrieg eine eigene Haltung zu artikulieren. Ihn ihrem Vortrag auf dem Zukunftsforum Dresden beschrieb von Natzmer die Herausforderungen von Schule, gegen die ungefilterte Informationsflut der sozialen Medien und die Herausforderung, Desinformation zu erkennen, mit valider Bildung zu bestehen.

Im Schulalltag erlebt Frau von Natzmer, dass Schüler durch unterschiedliche Informationen in Sozialen Medien verwirrt werden, und Fragen zu aktuellen politischen Themen offen ansprechen. Hier bestehe bei vielen Lehrern und Schulleitern Unsicherheit, ob man sich mit einer politischen Meinung im Rahmen der Schule positionieren dürfe.

Dabei setze doch der Beutelsbacher Konsens von 1976 den Rahmen, mit dem auch politisch kontroverse Themen in der Schule bearbeitet werden könnten. Frau von Natzmer sieht die Lehrkräfte daher in einer besonderen Verantwortung, sich im Schulalltag für Demokratie und Vielfalt stark zu machen.

Seit der breiten Verfügbarkeit von Smartphones und digitalen Plattformen hätten diese starke Veränderung im Schulalltag bewirkt. Die digitalen Medien veränderten den Informationskonsum, wirkten als Verstärker persönlicher Ansichten und hätten dadurch einen Einfluss auf die demokratische Debatte.

Das Netz als konkurrierende Informationsquelle

Problematisch sei dabei, dass Informationen aus dem Netz als konkurrierende Informationsquelle zu den Lerninhalten der Schule wirkten. Zudem würde Social Media die Bildung von Bubbles fördern, die den Zusammenhalt der Lerngruppe und dem schulischen Auftrag zuwiderliefen. Darüber hinaus erkenne man das gefährliche Suchtpotential bestimmter Plattformen und Apps.

Im Ergebnis verliere die Institution Schule an Bedeutung und Glaubwürdigkeit bei den Schülern. Hier sei ein Angriffspunkt, um Desinformation bewusst und intentional in einer jungen Generation zu verbreiten. Daraus entstehe eine „Information Disorder“ mit der Konsequenz, dass es in den so beeinflussten Gruppen keinen Konsens über Wahrheit mehr gebe.

Fear of Missing Out (FOMO)

Schüler könnten den Sozialen Medien nicht fernbleiben, weil sie dadurch drohten, aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden, weil sie Informationen verpassen. Daher wirke es für Schüler wie eine Amputation, wenn man ihnen das Smartphone und damit den Zugang zu den Plattformen entziehe.

Druck über Meldeportale

Diese Rahmenbedingungen machten es für Schüler immer schwieriger, wahre Information und Desinformation zu unterscheiden. Das werde von extremen Gruppen wie der AfD genutzt für Angriffe auf die Demokratie: über sogenannte Meldeportale würden Lehrer markiert und diffamiert, die sich zu politischen Themen äußern. Das würde viele Lehrer verunsichern und einschüchtern.

Was kann Schule?

Diese Frage beantwortet Frau von Natzmer mit den Potentialen: Schule sei eine alternative Soziale Bubble mit der Chance, andere Perspektiven, z.B. aus anderen Nationen oder sozialen Schichten kennen zu lernen. Das sollte zu einer Stärke entwickelt werden: Lehrer sollten sich besonderen Lagen die Freiheit nehmen, den Lehrplan zu verlassen und aktuelle Fragen zu thematisieren.

Die „Superpower“ von Schule: sie sei ein Erfahrungsort, an dem man Demokratie sinnlich erfahrbar machen könne in Aushandlungsprozessen. Schüler könnten damit Vertrauen fassen in Mitschüler und Lehrpersonen. Gesellschaftliche Resilienz könnte geschaffen werden, indem Lehrpersonen authentisch seien und versuchten, Wahrheit zu finden und weiterzugeben, eigene Werte vorzuleben und Identitätsentwicklung zu ermöglichen.

Der Vortrag führte zu einer lebhaften Diskussion über die Möglichkeiten und Grenzen von politischer Bildung an Schulen. Dabei wurde der Blick auch auf Konzepte z.B. aus Finnland geweitet.

Weiterführende Links:

AULA- Beteiligungskonzept für Jugendliche: https://www.aula.de/


Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert