Decoding Trolls- Stephen Douglas

Decoding Trolls – Night Panel über russische Desinformations-Mythen

Stephen Douglas war von 2015 bis 2022 als Diplomat OSZE-Beobachter im ost-ukrainischen Donbas. Als Beobachter an einem der wenigen Übergangspunkte zwischen von Russland besetztem Gebiet und der freien Ukraine erlebte er täglich die Folgen russischer Gewalt und der breit gestreuten Propagandamythen, mit denen auch die OSZE für russische Zwecke eingespannt werden sollte. Im Gespräch mit Martin Sauerbrey-Almasy auf dem Zukunftsforum Dresden schildert er eindrücklich seine Erfahrungen:

Im 2. Teil des Gesprächs stellt Douglas seine Analysekonzepte vor, mit der er russische Propaganda dekodieren will. Im Zentrum stehen 3 Begriffe:

„Trolle“ als Spuk- und Wahnbilder, die russische Propaganda in unseren Köpfen erzeugen will, um das Publikum emotional zu manipulieren und zu bestimmten Einstellungen und Verhaltensweisen zu führen. Dabei bezieht sich Douglas auch auf „trolling“ als eine Angel-Technik, bei der ein Köder mit einer Angelrute von einem Boot aus mit konstanter Geschwindigkeit über die Wasseroberfläche geführt wird. Es können mehrere unterschiedliche Köder angeboten werden um die Chance zu erhöhen, dass ein Fisch anbeisst.

Website: https://www.decodingtrolls.net

„Disinfolkore“ bezeichnet Douglas die Eigenschaft russischer Propaganda, alte, tiefsitzende kulturelle Mythen anzusprechen und aufzurufen, sie zu verzerren und umzuformen zu einer Waffe, die dann gegen Gegner eingesetzt wird. Die häufige Wiederholung bestimmter Desinformations-Narrative und -Themen könne auch als eine Form von Folklore angesehen werden.

Website: https://www.disinfolklore.net/p/counter-disinfolklore-b16

„Power of Mana“ – mit Mana bezeichnet Douglas die emotionale Energie, die Menschen bei Interaktionen austauschen. Und genau das nutze russische Propaganda als Infiltrationsweg um Empfänger von Desinformation zu erreichen, zu manipulieren, und dann als Multiplikatoren zur Verbreitung zu nutzen.
Website: https://www.powerofmana.net

Im Gespräch mit Martin Sauerbrey gibt Stephen Douglas praktische Beispiele für Desinformations-Narrative, die er als „Trolle“ bezeichnet. Ein Favorit ist das Narrativ „Don’t poke the bear!“ – das sich auf das russische Wappentier, den Bären bezieht. Entscheidend hierbei: nicht die konkrete Gefahr eines konkret angreifenden Bärens ist wirksam, sondern die imaginäre Vorstellung von der potentiellen Gefahr des aufgeweckten Bärens. Diesen Mechanismus nutze Russland beispielsweise bei seinen unbestimmten Atom-Drohungen gegen den Westen.

Als Gegenmittel gegen die russischen Einflusskampagnen, die oft auch darauf zielten, Menschen zu demotivieren und zu demobilisieren, sieht Douglas sein „Code des positiven Trolls“: mit positiven Werten und Haltungen könne eine Resilienz gegen subversiven Einfluss erreicht werden. Er baut dabei auf 6 Prinzipien auf:

  • Generousity / Großzügigkeit
  • Ethical Discipline / ethisches Verhalten
  • Patience / Geduld
  • Joyous Perseverance / Freudige Ausdauer
  • Focus
  • Insight / Erkenntnis

Douglas nimmt diese Prinzipien als Prüfstein, ob die eigene Kommunikation (das „Mana“) und das eigene Verhalten eher Desinformation nutze oder sie bekämpfe. Als Beispiel nimmt er die Informationskampagnen rechter, xenophober Gruppen gegen Flüchtlinge und Einwanderer. Das Gewähren von Asyl sieht er als Akt von Großzügigkeit an, das Diffamieren von Flüchtlingen und ihre Entmenschlichung, wenn ihr Ertrinken hingenommen wird, als unethisches Verhalten.

Zuschauerfragen aus dem Publikum weiteten den Blick auf den russischen Angriff auf die Identität von Personen, von Gruppen und ganzen Nationen, der auch durch das Konzept der in den Köpfen spukenden „Trolle“ erklärt werden kann.
Außerdem wurde die Frage gestellt, wie russische Einflusskampagnen dazu führen, dass Unterstützer der Ukraine eher über die Bedrohung durch Russland sprechen, anstatt darüber nachzudenken, wie die Ukraine dieser russischen Bedrohung erfolgreich begegnen kann. Auch hier führten negative Narrative zu einer Beeinflussung.

Douglas hob die Bedeutung von Humor bei der Begegnung negativer Narrative hervor und beschrieb die ähnlich wirkenden Muster vieler destruktiven politischen Gruppen in Europa, was für ihn ein Hinweis dafür sein könnte, dass deren Narrative aus Russland stammen könnten.


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